Brünnhilde
(zu den Mannen)
Starke Scheite schichtet mir dort
am Rande des Rhein’s zu Hauf’!
Hoch und hell lod’re die Gluth,
die den edlen Leib des hehresten Helden
verzehrt.
Sein Roß führet daher,
daß mit mir dem Recken es folge:
denn des Helden heiligste Ehre zu theilen
verlangt mein eigener Leib.
Vollbringt Brünnhildes Wort!
(Die jüngeren Männer errichten, während des
Folgen den, vor der Halle, nahe am Rheinufer, einen
mächtigen Scheiterhaufen: Frauen schmücken die-
sen dann mit Decken, auf welche sie Kräuter und Blumen streuen.)
(Brünnhilde versinkt von Neuem in die Betrachtung des Antlitzes
der Leiche Siegfrieds. Ihre Mienen
nehmen eine immer sanftere Verklärung an.)
Wie Sonne lauter strahlt mir sein Licht:
der Reinste war er, der mich verrieth!
Die Gattin trügend, treu dem Freunde,
von der eig’nen Trauten einzig ihm theuer,
schied er sich durch sein Schwert.
Ächter als er schwur Keiner Eide;
treuer als er hielt Keiner Verträge;
lautrer als er liebte kein And’rer:
Und doch, alle Eide, alle Verträge,
die treueste Liebe, trog keiner wie Er!
Wiß’t ihr, wie das ward?
(nach oben blickend)
O ihr, der Eide ewige Hüter!
Lenkt euren Blick auf mein blühendes Leid;
erschaut eure ewige Schuld!
Meine Klage hör’, du hehrster Gott!
Durch seine tapferste That,
dir so tauglich erwünscht,
weihtest du den, der sie gewirkt,
dem Fluche dem du verfielest:
Mich mußte der Reinste verrathen,
daß wissend würde ein Weib!
Weiß ich nun was dir frommt?
Alles, Alles, Alles weiß ich,
Alles ward mir nun frei.
Auch deine Raben hör’ ich rauschen;
mit bang ersehnter Botschaft
send’ ich die Beiden nun heim.
Ruhe, ruhe, du Gott!
(Sie winkt den Mannen Siegfrieds Leiche auf den
Scheitehaufen zu tragen; zugleich zieht sie von Sieg-
frieds Finger den Ring ab, und betrachtet ihn sinnend.)
Mein Erbe nun nehm’ ich zu eigen.
Verfluchter Reif! Furchtbarer Ring!
Dein Gold fass’ ich und geb’ es nun fort.
Der Wassertiefe weise Schwestern,
des Rheines schwimmende Töchter,
euch dank’ ich redlichen Rath:
was ihr begehrt, ich geb’ es euch:
aus meiner Asche nehmt es zu eigen!
Das Feuer, das mich verbrennt,
rein’ge vom Fluche den Ring!
Ihr in der Fluth löset ihn auf,
und lauter bewahrt das lichte Gold,
das Euch zum Unheil geraubt.
(Sie hat sich den Ring angesteckt, und wendet sich
jetzt zu dem Scheitergerüste, auf welchem Siegfrieds
Leiche ausgestreckt liegt. Sie entreißt einem Manne
den mächtigen Feuerbrand.)
(den Feuerbrand schwingend und nach dem
Hintergrunde deutend)
Fliegt heim, ihr Raben! Raun’t es eurem Herren,
was hier am Rhein ihr gehört!
An Brünnhildes Felsen fahrt vorbei!
Der dort noch lodert,
weiset Loge nach Walhall!
Denn der Götter Ende dämmert nun auf.
So werf’ ich den Brand
in Walhalls prangende Burg.
(Sie schleudert den Brand in den Holzstoß, welcher
sich schnell hell entzündet. Zwei Raben sind vom
Felsen am Ufer aufgeflogen, und verschwinden nach
dem Hintergrunde.)
(Brünnhilde gewahrt ihr Roß, welches soeben zwei
Männer herein führen.)
Grane, mein Roß! Sei mir gegrüßt!
(Sie ist ihm entgegen gesprungen, faßt es und ent-
zäumt es schnell: dann neigt sie sich traulich zu ihm.)
Weißt du auch, mein Freund,
wohin ich dich führe?
Im Feuer leuchtend, liegt dort dein Herr,
Siegfried, mein seliger Held.
Dem Freunde zu folgen wieherst du freudig?
Lockt dich zu ihm die lachende Lohe?
Fühl’ meine Brust auch, wie sie entbrennt,
helles Feuer das Herz mir erfaßt,
ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,
in mächtigster Minne, vermählt ihm zu sein!
Heiajoho! Grane! Grüß’ deinen Herren!
(Sie hat sich auf das Roß geschwungen und hebt
es jetzt zum Sprunge.)
Siegfried! Siegfried! Sieh!
Selig grüßt dich dein Weib!
(Sie sprengt das Roß mit einem Satze in den
brennenden Scheitehaufen. Sogleich steigt prasselt
der Brand hoch auf, so daß das Feuer den ganzen
Raum vor der Halle erfüllt und diese selbst schon zu
ergreifen scheint. Entsetzt drängen sich die Männer
und Frauen nach dem äußersten Vordergrunde.)
(Als der ganze Bühnenraum nur noch von Feuer
erfüllt erscheint, verlischt plötzlich der Gluthschein, so
daß bald bloß ein Dampfgewölke zurück bleibt,
welches sich dem Hintergrunde zu verzieht, und dort
am Horizonte sich als finstere Wolkenschicht lagert.
Zugleich ist vom Ufer her der Rhein mächtig ange-
schwollen, und hat seine Fluth über die Brandstätte
gewälzt. Auf den Wogen sind die drei Rheintöchter
herbei geschwommen und erscheinen jetzt über der Brandstätte.)