MARSCHALLIN
vor sich, zugleich mit Octavian und Sophie
Hab’ mir’s gelobt, Ihn lieb zu haben in der richtigen Weis’. Dass ich selbst Sein Lieb’ zu einer andern noch lieb hab! Hab’ mir freilich nicht gedacht, dass es so bald mir aufgelegt sollt’ werden!
seufzend
Es sind die mehreren Dinge auf der Welt, so dass sie ein’s nicht glauben tät’, wenn man sie möcht’ erzählen hör’n. Alleinig wer’s erlebt, der glaubt daran und weiss nicht wie – da steht der Bub’ und da steh’ ich, und mit dem fremden Mädel dort wird er so glücklich sein, als wie halt Männer das Glücklichsein verstehen. In Gottes Namen.
OCTAVIAN
zugleich mit der Marschallin und Sophie, erst vor sich, dann Aug’ in Aug’ mit Sophie
Es ist was kommen und ist was g’schehn, Ich möcht’ Sie fragen: darf’s denn sein? und grad’ die Frag, die spür’ ich, dass sie mir verboten ist. Ich möcht’ Sie fragen: warum zittert was in mir? – Ist denn ein grosses Unrecht geschehn? Und grad’ an die darf ich die Frag’ nicht tun – und dann seh’ ich dich an, Sophie, und seh’ nur dich und spür’ nur dich, Sophie, und weiss von nichts als nur: dich hab’ ich lieb.
SOPHIE
zugleich mit der Marschallin und Octavian, erst vor sich, dann Aug’ in Aug’ mit Octavian
Mir ist wie in der Kirch’n, heilig ist mir und so bang; und doch ist mir unheilig auch! Ich weiss nicht, wie mir ist. (ausdrucksvoll) Ich möcht’ mich niederknien dort vor der Frau und möcht’ ihr was antun, denn ich spür’, sie gibt mir ihn und nimmt mir was von ihm zugleich. Weiss gar nicht, wie mir ist! Möcht’ alles verstehen und möcht’ auch nichts verstehen. Möcht’ fragen und nicht fragen, wird mir heiss und kalt. Und spür’ nur dich und weiss nur eins: dich hab’ ich lieb.
Marschallin geht leise links hinein, die beiden bemerken es gar nicht. Octavian ist dicht an Sophie herangetreten, einen Augenblick später liegt sie in seinen Armen.
OCTAVIAN
zugleich mit Sophie
Spür’ nur dich, spür’ nur dich allein und dass wir beieinander sein! Geht alls sonst wie ein Traum dahin vor meinem Sinn!
SOPHIE
zugleich mit Octavian
Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein, dass wir zwei beieinander sein, beieinand’ für alle Zeit und Ewigkeit!
OCTAVIAN
ebenso
War ein Haus wo, da warst du drein, und die Leut’ schicken mich hinein, mich gradaus in die Seligkeit! Die waren g’scheit!
SOPHIE
ebenso
Kannst du lachen? Mir ist zur Stell’ bang wie an der himmlischen Schwell!
Halt’ mich, ein schwach Ding, wie ich bin, sink’ dir dahin!
Sie muss sich an ihn lehnen. In diesem Augenblick öffnen die Faninalschen Lakaien die Tür und treten herein, jeder mit einem Leuchter. Durch die Tür kommt Faninal, die Marschallin an der Hand führend. Die beiden jungen stehen einen Augenblick verwirrt, dann machen sie ein tiefes Kompliment, das Faninal und die Marschallin erwidern. Faninal tupft Sophie väterlich gutmütig auf die Wange.
FANINAL
Sind halt aso, die jungen Leut’!
MARSCHALLIN
Ja, ja.
Faninal reicht der Marschallin die Hand, führt sie zur Mitteltür, die zugleich durch die Livree der Marschallin, darunter der jugen Mann, geöffnet wurde. Draussen hell, herinnen halbdunkel, da die beiden Diener mit den Leuchtern der Marschallin voraustreten. Octavian und Sophie, allein im halbdunklen Zimmer, wiederholen leise.
OCTAVIAN
zugleich mit Sophie
Spür’ nur dich, spür’ nur dich allein und dass wir beieinander sein! Geht all’s sonst wie ein Traum dahin vor meinem Sinn!
SOPHIE
zugleich mit Octavian
Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein, dass wir zwei beieinander sein, beieinand’ für alle Zeit und Ewigkeit!
Sie sinkt an ihn hin, er küsst sie schnell. Ihr fällt, ohne dass sie es merkt, ihr Taschentuch aus der Hand. Dann laufen sie schnell, Hand in Hand, hinaus. Die Bühne bleibt leer, dann geht nochmals die Mitteltür auf. Herein kommt der kleine jungen Mann, mit einer Kerze in der Hand, sucht das Taschentuch, findet es, hebt es auf, trippelt hinaus.
Octavian
(etwas stockend)
Mir ist die Ehre wiederfahren
daß ich der hoch- und wohlgeborenen Jungfer Braut,
in meines Herrn meines Vetters Namen,
dessen zu Lerchernau Namen
die Rose seiner Liebe überreichen darf.
Sophie
nimmt die Rose
Ich bin Euer Liebden sehr verbunden.
– Ich bin Euer Liebden in aller Ewigkeit verbunden. –
(eine Pause der Verwirrung)
Sophie
(indem sie an der Rose riecht)
Hat einen starken Geruch. Wie Rosen, wie lebendige.
Octavian
Ja, ist ein Tropfen persischen Rosenöls darein getan.
Sophie
Wie himmlische, nicht irdische, wie Rosen vom hochheiligen Paradies. Ist Ihm nicht auch?
Octavian
(neigt sich über die Rose, die sie ihm hinhält; dann richtet er sich auf und sieht auf ihren Mund)
Sophie
Ist wie ein Gruss vom Himmel. Ist bereits zu stark,
als dass mans ertragen kann. Zieht einen nach, als lägen Stricke um das Herz.
Wo war ich schon einmal und war so selig?
Octavian
Wo war ich schon einmal und war so selig?
Sophie
Dahin muss ich zurück! und müsst’ ich völlig sterben auf dem Weg!
Allein ich sterb’ ja nicht. Das ist ja weit. Ist Zeit und Ewigkeit in einem
sel’gen Augenblick, den will ich nie vergessen bis an meinen Tod.
Octavian
Ich war ein Bub’, da hab’ ich die noch nicht gekannt.
Wer bin denn ich? Wie komm’ denn ich zu ihr?
Wie kommt denn sie zu mir? Wär’ ich kein Mann,
die Sinne möchten mir vergehn. Das ist ein seliger Augenblick,
den will ich nie vergessen bis an meinen Tod.